von Admin

Wer mit wem - DS 9 im unterhaus Mainz

Gottfridssons Stücks ist wie gemacht für einen solchen Kurs. Die lockere Szenenfolge setzt weniger auf eine fortlaufende Geschichte und vermeidet damit, nur wenige Hauptdarsteller in den Mittelpunkt zu rücken. „Wer mit wem?“ präsentiert stattdessen eine Vielzahl von Pärchen und Möchtegern-Liebschaften, von unterschiedlichen Temperamenten und wechselnden Konstellationen, so dass tatsächlich alle Darsteller die Zeit bekommen, in ihrer Rolle aufzuspielen. Hinzu kommt das Thema der jugendlichen Liebeswirrungen: eine rasante, spielerische Umsetzung ganz realen Lebens.

Die Charaktere, die sich in der kurzweiligen Dreiviertelstunde, die das Stück dauerte, oft zufällig, oft mit Hindernissen ver- und wieder entliebten, waren wunderbar herausgearbeitet. Sie spielten das breite Spektrum des Herzensgefühls durch, das die Darsteller zu Anfang des Stückes als „Liebe ist …“-Sprüche wie eine Motto-Tapete an die Bühnenhinterwand sprühten. Da gab es den angry young man, der aus purer Enttäuschung das Publikum anschrie, oder die abgebrühte Schönheit, für die man sich jederzeit zum Affen macht, durch den Autoverkehr rennt oder Käfer vom Bürgersteig isst (und die einen dann prompt abblitzen lässt, bis man ihr seine neue coole Lederjacke anträgt). 

Man sah den Jungen, der sich mit seiner Aufdringlichkeit selbst im Weg steht, das Mädchen, das endlich einmal geküsst werden will, egal von wem, oder die Jungs, die vor lauter Testosteron und Gerangel verpassen, als sich ihre brandneuen Eroberungen gelangweilt verdrücken – ein waschechter Box- und Ringkampf, von den Freundinnen herrlich schnöde kommentiert. Über all den unvollkommenen Versuchen wachten eine träumerische, flügelige Amora, die gerne Liebespfeile verschoss , deren Bogen aber lustiger weise klemmte, und ein griesgrämiger Liebesmuffel, der zarte Bande schon mal zerschnitt.

Auffallend sind die Dialoge des Gottfridsson-Stücks; durchaus eine Herausforderung für das Ensemble und für die Zuschauer. Im ersten Moment wirkt oft irritierend, wie da gezielt aneinander vorbeigesprochen wird, aber dann wird offensichtlich, dass jedes Wort das Gegenüber präzise trifft. Dabei entsteht ein eigensinniger, teils drastischer Humor. Den zu erzeugen, verlangt ein genaues Timing beim Sprechen und in der Mimik, und das gelang den Akteuren unter der Spielleitung von Petra Matheis immer wieder sehr gut. So ist das Stück vor allem auch witzig, und die junge Truppe fand dafür einige tolle Bilder, wie eine mehrfach durch die Szenerie transportierte Ohnmächtige, die sich nicht nehmen lässt, sich trotzdem ins Geschehen einzumischen, ein überdimensionales Dosentelefon aus Waschmittelflaschen oder ein Verkehrskuddelmuddel mit Bauchladenautos.  

Das ganz große Drama wird in „Wer mit wem?“ trotz einer Briefintrige, wie man sie von klassischen Stücken kennt, nicht in Gang gesetzt, aber gerade das wirkt authentisch. Und der Wiedererkennungswert der einzelnen Spielszenen ist hoch. Vom DS Kurs 9 werden sie mit viel Esprit und immer wieder mit überraschenden Effekten umgesetzt: etwa als Flashback samt Bühnendusche aus einer Gießkanne oder ein Spiel im Dunkel, das von seiner Geräuschkulisse lebt, und davon, was Ausrufe und Schreie in der Phantasie der Zuschauer entstehen lassen: Geht man nach den Reaktionen Saal im unterhaus, dann rief diese „dunkle Minute“ eindeutig  konkrete Erinnerungen im Publikum hervor.

Dass es zu dem Auftritt auf großer Bühne in Mainz kam, verdankt sich einer seit 2005 bestehenden Initiative unter der Schirmherrschaft von Landeskultusministerin Doris Ahnen, die Schultheaterproduktionen als festen Bestandteil im unterhaus-Programm integriert. Die IGS ist inzwischen regelmäßiger Gast. Für den DS Kurs 9 war es das erste Mal, und das haben die Schauspielerinnen und Schauspieler  spürbar genossen. Am Ende des Stückes gibt es die große Party, und alle tanzen zusammen auf. Ein perfekter Abschluss: Die Bühne noch einmal richtig rocken und sich dann langen, stürmischen Applaus abholen.

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